„Die Bestrafungsfantasien gegenüber Nichtgeimpften, die sich in der zwischenzeitlichen Abschaffung kostenloser Tests, der Einführung von 2G (obwohl auch Geimpfte ansteckend sind) und der Abschaffung der Entgeltfortzahlung im Quarantänefall zeigt, droht die Gesellschaft noch weiter zu spalten. Hier sollten Linke ein Gegengewicht bilden und die Verteidigung von Bürgerrechten und Solidarität mit vermeintlich Abtrünnigen nicht der politischen Rechten überlassen, die die Zurückgewiesenen nur zu gern in ihre Reihen integriert.
Der Impuls der Abneigung, den viele Linke gegen Nichtgeimpfte haben, ist verständlich. Wieso sollte man sich solidarisch zeigen mit Menschen, von denen man glaubt, dass sie ihrerseits unsolidarisch gegenüber der Gemeinschaft handeln? Eine Lösung für das Problem hat der Autor auch nicht.
Vielleicht muss man sich mit dem Gedanken abfinden, dass Solidarität mitunter eine Einbahnstraße ist. In Deutschland gibt es keine Todesstrafe und keine lebenslange Haft, weil man auch dem schlimmsten Straftäter eine Rückkehr in die Gesellschaft ermöglichen möchte.
Im Vergleich dazu sind Ungeimpfte harmlose Abweichler von der (übrigens ziemlich neuartigen) sozialen Norm. Es sind Nachbarn, Freunde, Kollegen und Menschen, die in anderen Bereichen ihres Lebens einen Dienst an der Gesellschaft leisten. Der autoritäre Staat ist nicht das geeignete Mittel, um ihnen zu begegnen.“