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Über westliche Doppel­moral

In der Zeit schreibt Gastautorin Rosa Burç. Sie ist politische Soziologin am Centre on Social Movement Studies in Florenz
 

„Spätestens jetzt, nachdem der Krieg gegen die Ukraine die Frage nach Moral und Verpflichtung wieder aufgeworfen hat, ist die Zeit gekommen, Kriege als solche zu benennen – egal ob diese von „uns und unseren Partnern“ oder „den anderen“ geführt werden. Eine „feministische Außenpolitik“, die sich die neue Bundesregierung auf die Fahne schreibt, hätte schon längst die völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei auf die Kurd:innen verurteilt, Sanktionen diskutiert, sich für die Freilassung von politischen Gefangenen in türkischen Gefängnissen eingesetzt, sich mit der prodemokratischen Oppositionspartei HDP getroffen, gesellschaftspolitische Bündnisse mit der feministischen Bewegung in der Türkei und der Frauenrevolution in Kurdistan initiiert, diplomatische Beziehungen zu kurdischen Vertreter:innen in der Region aufgebaut, eine politische Lösung in der sogenannten kurdischen Frage vermittelt und die Kriminalisierung von Kurd:innen und ihren Vereinen und Verlagshäusern in Deutschland gestoppt. 

Und vor allem: allen Geflüchteten denselben Schutz gewährleistet, wie ihn derzeit Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine bekommen. Solange dies nicht passiert, verliert der moralische Anspruch der Bundesregierung auch in der Beurteilung des russischen Kriegs gegen die Ukraine jede Glaubwürdigkeit.“